An sich spielt die Adventszeit in meinem Leben als Atheist nur noch eine untergeordnete Rolle. Durch meinen Hauptberuf und insbesondere durch die Musik Johann Sebastian Bachs jedoch wirkt der Advent weiter in mir fort. Besonders der 1. Adventssonntag ist von Bach reichlich mit Kompositionen bedacht worden. Eine davon, die mich mein Leben lang – höchstwahrscheinlich bereits pränatal – begleitet hat, spielt eine besondere Rolle.

Wachet auf, ruft uns die Stimme

Es ist der Choral „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ von Philipp Nicolai, den Bach zur Grundlage seiner gleichnamigen Choralkantate BWV 140 macht. Der vierte Satz der Kantate, in dem die Choralmelodie im Tenor als cantus firmus liegt, ist wohl der bekannteste Satz daraus. Dies nicht zuletzt wegen Bachs eigener Bearbeitung für Orgel, die 1748/49 von Bachs Schüler Johann Georg Schübler in einer Sammlung von 6 Choralbearbeitungen herausgegeben wurde.

Eben diesen „Schübler-Choral“ spielte mein Vater gerne und oft während der Adventszeit, höchstwahrscheinlich auch im Advent 1969, weshalb ich wohl bereits pränatal damit in Berührung kam.

Anlässlich der Hochzeit meines inzwischen leider viel zu früh verstorbenen Onkels Johannes – Hansjörg – Locher entstand im Jahre 1998 die hier nun zum ersten Mal veröffentlichte „Jugendsünde“. Hansjörg war ebenfalls ein Verehrer dieser Komposition und träumte davon, dieses Stück als Telefonwarteschleifen-Musik in seiner Firma zu haben. Dazu kam es leider nie. Jedoch zur Hochzeit mit seiner Frau Veronika im Sommer 1998 erklang zum Einzug folgende Version:

Diese Version entstand unter primitivsten Bedingungen: Eine KORG Wavestation SR und ein Doepfer-Masterkeyboard, die mir mein Cousin geliehen hatte, ein alter ATARI 1040 und eine alte Cubase-Version waren das Produktions-Setup. Leider entstand der Track unter Zeitdruck, weshalb das Timing an manchen Stellen „hinkt“. Der einfache Weg über Quantisierung wäre nur auf Kosten der Triller gegangen, deshalb tritt an manchen Stellen ein „handmade-Charakter“ deutlich hervor.

Stilistisch beeinflusst ist diese Version ganz stark von dem großartigen Album von 1992, Handel’s Messiah: A Soulful Celebration. Auch vom Sound her bewegt sie sich sehr nah an gängigen Pop- und Soulsounds der frühen 1990er Jahre.

Wäre ich noch Christ, würde ich hier vielleicht noch eine Art Entschuldigung anbringen, ähnlich wie G. Rossini in seiner Widmung zu seiner Petite Messe solennelle:

Ist es wirklich heilige Musik [musique sacrée] oder doch vermaledeite Musik [sacrée musique]? […] Ein bisschen Können, ein bisschen Herz, das ist alles. Sei also gepriesen und gewähre mir das Paradies.