Six Feet Under - PlakatBei Wikipedia kann man nachlesen, dass der Ausdruck „Six Feet Under“ wörtlich „1,80 Meter tief (begraben)“ bedeutet und etwa dem deutschen „die Radieschen von unten betrachten“ entspricht. Der Ausdruck war namensgebend für eine 1993 gegründete Death-Metal-Band und eine Fernsehserie des US-amerikanischen Bezahlsenders HBO (Deutsche Erstausstrahlung 2004 auf VOX).

Im Deutschen Hygiene-Museum Dresden findet zur Zeit (seit 22. September 2007 und noch bis 30. März 2008) eine Ausstellung mit eben diesem Titel statt: Six Feet Under – Autopsie unseres Umgangs mit Toten. Weil Ausstellungen zeitgenössischer Kunst mich schon lange faszinieren und weil das Thema Tod mich zur Zeit besonders berührt, habe ich mir diese Ausstellung gestern angesehen und möchte kurz hier darüber berichten.

„Six Feet Under“ fand ursprünglich im Kunstmuseum Bern(CH) statt. Für die Dresdener Version der Ausstellung sind Arbeiten von acht Künstlern hinzugekommen, gegenüber der Berner Version sind jedoch Arbeiten von 23 Küntlern nicht mehr zu sehen.

In sechs Kapiteln erzählt die Ausstellung vom Wandel der Todesdarstellungen, von Trauerritualen und Grabstätten, von Todessehnsucht und dem Spiel mit dem Unfassbaren, vom Bedürfnis des Menschen, das Antlitz Verstorbener zu bewahren, aber auch von der Frage, was bleibt nach dem Ende der physischen Existenz.

„Six Feet Under“ vereint Werke aus der Sammlung des Kunstmuseums Bern, Leihgaben aus internationalen Museen und Galerien, von Künstlerinnen und Künstlern und speziell für die Ausstellungen in Bern und Dresden geschaffene Arbeiten. Das Hauptgewicht der Werke liegt auf zeitgenössischer Kunst aus verschiedenen Kontinenten und Zivilisationen.

Die Ausstellung insgesamt hat mich sehr bewegt. Es war faszinierend zu sehen, wie viele unterschiedliche Annäherungen auf der Ebene der Kunst an das Thema Tod möglich sind. Zwei Exponate haben es mir besonders angetan:

Joe Scanlan (*1961, USA)
DIY, 2002
Diverse Materialien
Van Abbemuseum Collection Eindhoven
Joe Scanlan funktioniert das bekannte IKEA-Bücherregal aus der Serie „Billy“ in einen Sarg um. Eine entsprechende Installationsanweisung liefert Scanlan gleich mit und zeigt auf, dass das „Do It Yourself“-Prinzip vor nichts mehr Halt macht.

Dem an Respektlosigkeit grenzenden Pragmatismus im Umgang mit dem Tod in diesem Werk kann man sich nur sehr schwer entziehen. Aber dennoch ließ mich vor allem die sorgfältig gestaltete Installationsanleitung schmunzeln: Als Anhänger des schwedisch motovierten Möbelbaus sprach mich das Werk sehr an.

Das zweite Werk, das mich sehr stark beeindruckt hat, ist die Video-Projektion der Thailänderin Araya Rasdjarmrearnsook:

Death Seminar II - Araya Rasdjarmrearnsook
Bildquelle: Deutsches Hygiene-Museum Dresden

Araya Rasdjarmerearnsook (*1957, TH)
Death Seminar II, 2005
Video-Projektion, xx:xx min
Araya Rasdjarmrearnsook, Chiangmai (Thailand)
Die Thailänderin Araya Rasdjarmrearnsook widmet ihr gesamtes künstlerisches Schaffen dem Tod. Ihren Videoarbeiten liegen Performances zu Grunde, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Leichenschauhaus stattgefunden haben. In einer Reihe von neueren Werken veranstaltet sie Seminare oder Gespräche mit Toten. Wie die spätmittelalterlichen „artes moriendi“ verfolgen ihre Videoarbeiten das didaktische Ziel, die Menschen mit der eigenen Sterblichkeit vertraut zu machen und dadurch dem Tod das schrecklich Ängstigende zu nehmen.

In dieser Video-Projektion sitzt die Künstlerin selbst inmitten sechs Leichen und veranstaltet mit diesen ein Seminar. Sie wiederholt Fragen und Antworten so, als ob die Toten sie gestellt bzw. gegeben haben. Eine deutsche Übersetzung einer Transkription des in englischer Sprache stattfindenden Seminars liegt in der Videokabine als Verständnishilfe aus. Bewegend war für mich vor allem der einfühlsame Tonfall der Künstlerin und die Selbstverständlichkeit, die ihr Agieren in dieser an sich grotesken Situation ausstrahlte.

Von der Ausstellung war ich so sehr angetan, dass ich mir auch gleich den zugehörigen Katalog gekauft habe. Die Ausstellung behandelt ein Thema, dem wir uns alle im Laufe unseres Lebens mindestens einmal stellen müssen. Wer den Umgang mit diesem Thema nicht scheut, dem sei diese Ausstellung wärmstens ans Herz gelegt!